Jüdisches Leben in Recklinghausen

Recklinghausen ist die größte Stadt im Kreis Recklinghausen. Früher nannte man den Bezirk „Vest“. Die ältesten jüdischen Spuren im Vest (Kreis) Recklinghausen führen im 14. Jahrhundert. Vor der Französischen Revolution waren Juden unerwünscht, der Erzbischof von Köln hatte die Oberhoheit im Vest. Erst 1802 änderte sich die Lage für Juden spürbar. Emanzipation, Zuwanderungsgenehmigungen und der Beginn der Industrialisierung führten zum Wachstum jüdischer Familien. 1829 erfolgte die offizielle Gründung der Gemeinde, aus der 1847 ein Synagogenbezirk mit umliegenden Orten wurde. Die religiöse Ausrichtung war streng orthodox.

1880 wurde die erste Synagoge eingeweiht. 1903 wurde die jüdische Schule öffentlich anerkannt. Für die zu klein gewordene Synagoge wurde 1904 in der Nähe eine größere eingeweiht. Die Zahl der Juden stieg auf 450. 1908 kam die neue Israelitische Volksschule mit Mikwe dazu und 1930 ein Jugend- und Gemeindehaus. Die Mitglieder der jüdischen Gemeinde waren in die Stadtgesellschaft integriert.

Die Machtübergabe an die Nationalsozialisten hatte die Situation der jüdischen Bürger*innen seit 1933 dramatisch verändert. Repressalien und Gesetze führten zu Auswanderungen und Flucht. In der Pogromnacht vom 9./10. November 1938 wurden Wohnungen überfallen, Geschäfte geplündert, Synagoge und Gemeindehaus angezündet. Bis 1941 wurden die verbliebenen 100 Juden in fünf „Judenhäusern“ ghettoisiert, am 24. Januar 1942 abtransportiert und am 27. Januar mit ca. 1.000 Juden aus dem Vest und den Nachbarstädten in das Ghetto Riga deportiert. Nur wenige überlebten; das Mahnmal, errichtet von überlebenden Rückkehrer*innen auf dem Jüdischen Friedhof verzeichnet 215 Holocaust-Opfer.

Die Zurückgekehrten gründeten mit denen aus Herne und Bochum 1952 die Jüdische Kultusgemeinde Recklinghausen–Herne–Bochum. Erst die Umwälzungen in Osteuropa nach dem Ende der Sowjetunion ab 1989 führten in kurzer Zeit zu einem außergewöhnlichen Anwachsen der Gemeinde, von 65 auf 1.200. Deshalb kam es 1998 zur Trennung in zwei selbstständige Gemeinden: Kreis Recklinghausen und Herne–Bochum–Hattingen. 1997 wurde in Recklinghausen die neue Synagoge eingeweiht.